Der Wetter-Gott meinte es in diesem Jahr nicht gut mit uns: Durch den Dauerregen nach dem ersten Programmteil wurden die meisten Vorführungen kurzerhand in die Halle verlegt – dies tat der Stimmung aber keinen Abbruch.

„O’zapft is!“, mit diesen Worten eröffneten die Gemeinderatsmitglieder Ulrich Bauer (Bündnis 90/Die Grünen) und Klaus Herrmann (CDU) beim traditionellen Fassanstich das diesjährige MTV-Sommerfest – übrigens noch bei Sonnenschein. Direkt gefolgt von einem zünftigen Weißwurstfrühstück, welches von einem fröhlichen Auftritt des MTV-Sportkindergartens begleitet wurde. Im Anschluss stand auch gleich eines der Highlights auf dem Programm: Der MTV-Sporttalk.

„Der Erfolg des Kulturguts Verein basiert zu einem sehr großen Teil auf dem Ehrenamt.“ Mit diesem Satz eröffnete MTV-Vorstandsmitglied Reiner Köttgen den mittlerweile zum festen Programmpunkt gewordenen Sporttalk – dieses Jahr mit dem Thema „Hauptamt und Ehrenamt im Sportverein“. Wie steht es mittlerweile um die Mitglieder, die sich verpflichten, ihre Zeit in den Dienst des Vereins zu stellen? Werden diese immer mehr von hauptamtlichen Mitarbeitern abgelöst? Diese und weitere Fragen wurden auf dem Podium diskutiert. Roland Medinger, Geschäftsführer des VfL Sindelfingen führte dazu ein Beispiel an: 1986 wurde er als Jugendreferent und vierter Hauptamtlicher des Vereins eingestellt. Mittlerweile hat der drittgrößte Sportverein Württembergs über 60 Angestellte. „Die Erwartungen unserer Mitglieder gehen immer mehr auch weg vom traditionellen Abteilungssport hin zum Dienstleistungsbereich, welcher durch hauptamtliche Arbeit abgedeckt wird“, erläuterte Medinger die Gründe. Dr. Holger Pressel, ehemals Vorstandsmitglied bei 07 und jetzt auch beim MTV berichtete aus seiner Zeit bei 07, dass sich innerhalb der Abteilungen eine hohe Bereitschaft zum Ehrenamt zeigte. „Das Hauptproblem war es, Leute zu finden, die bereit waren, sich auf Vorstandsebene zu engagieren“, so Pressel weiter. WLSB-Vertreter Robert Hoffner führte an, dass die Vereinslandschaft sehr ausdifferenziert sei und man nach Vereinsgröße unterscheiden müsse. Verschmelzungen könnten sicherlich ein geeignetes Mittel sein, um Synergieeffekte zu nutzen. Einig waren sich die Diskutanten darin, dass der Vereinssport noch weit von amerikanischen Verhältnissen und Sport als bezahlter Dienstleistung entfernt sei. Prof. Dr. Knecht, der in Mehrfachfunktion an der Runde teilnahm, gab die in vielen Gesprächen mit Anwesenden erfasste Meinung wieder, dass das Ehrenamt unverzichtbar sei. „Deutschland verfügt über eine andere Kultur, Geschichte und Entwicklung“, so Hoffner, aber es sei wichtig, Verantwortung auf mehrere Schultern und projektbezogen zu verteilen. Roland Medinger ergänzte, dass es das Ehrenamt weiterhin geben werde, dass es aber das Hauptamt als Korsett für administrative Aufgaben brauche. Dazu sei es notwendig, Beiträge moderat, aber mit Sozialstaffelung zu erhöhen. Holger Pressel führte hier die ab September geplante MTV Fußball-Akademie an, die aufgrund ihres exklusiven Angebots einen höheren, aber durchaus angemessenen Preis notwendig mache, aber gleichzeitig ab dem 3. Geschwisterkind kostenlos sei.

Reiner Köttgen wies auch auf die soziale Verantwortung von Vereinen hin und lenkte das Thema so auf die Unterstützung durch Gemeinden und Städte. „Die existente Sportförderung der Stadt Ludwigsburg benötigt sicherlich eine stetige Fortentwicklung, gerade im Bereich Professionalisierung der Verwaltung – vor allem im Hinblick auf die vielen Regulierungen und Auflagen, die leider nicht nur wie ursprünglich vorgesehen für Großkonzerne gelten. Die letztes Jahr neu erlassene DSGVO ist dafür ein gutes Beispiel“, erklärte Knecht. Großen Applaus erntete Roland Medinger für seine Aussage, dass ehrenamtliche Funktionäre Sport organisieren und nicht in Bürokratie versinken wollen. Dass das Hauptamt an Bedeutung gewinnt, ist letztendlich kein MTV-spezifisches Phänomen. Dass dies auch Auswirkungen auf die Beiträge haben muss, ist ebenso klar. Um dies im Rahmen zu halten, sind Vereine auf die Unterstützung von Verbänden und Kommunen angewiesen.

In 173 Jahren hat der MTV schon viele Veränderungen durchlebt. Dadurch ist er heute aber gefestigter denn je. Es ist wichtig, Vereinsleben miteinander zu gestalten. Das Ehrenamt ist dabei weiterhin ein wichtiger Beitrag zum Leben in der Gemeinschaft. Reiner Köttgen schloss die Diskussionsrunde mit den Worten: „Engagieren Sie sich! Wenn Sie Interesse haben, sprechen Sie uns jederzeit darauf an!“

Die Tänzerinnen der Kindertanzsportschule DANCE standen schon in den Startlöchern, als es noch eine kleine Überraschung für den scheidenden Ersten Vorsitzenden des MTV, Prof Dr. Matthias Knecht, gab: Der komplette Vorstand hatte sich auf der Bühne versammelt, um ihm für die tolle gemeinsame Zeit zu danken und gleichzeitig viel Erfolg bei seinem zukünftigen Amt als Oberbürgermeister zu wünschen. Genau in diesem Moment setzte der Regen ein und flutete die Bühne. Dank vieler fleißiger Helfer wurde kurzerhand die MTV-Gymnastikhalle zur Showbühne umfunktioniert, so dass alle Auftritte wie geplant – nur mit leichter Verspätung – stattfinden konnten.

Neben Tanzdarbietungen, Showkämpfen und Turneinlagen freuten sich alle, auch die neu von 07 Ludwigsburg zum MTV gekommenen Abteilungen begutachten zu können. Die Boxer zeigten in einer kleinen Trainingseinheit ihre Athletik, die Rollerderbys präsentierten Ihre Sportart über einen Showbout und bei den Footballern konnte man neben Zielwerfen auch direkt in eine Footballausrüstung schlüpfen. Setzte der Regen dann kurz aus, war auch der Schießstand unserer Bogenschützen eine beliebte Station. Die Kleinsten bastelten Jonglierbälle, malten Mandalas oder testeten ihr Geschick in einem Ball-Parcours.

Alle können damit auf ein rundum gelungenes Fest zurückblicken – trotz Dauerregen. Der MTV möchte sich hiermit nochmals bei allen freiwilligen, ehrenamtlichen Helfern ganz herzlich bedanken – denen auch nasse Füße nichts anhaben konnten!