Auf der Mitgliederversammlung 2021 wurde Köksal Cakir zum neusten Vorstandsmitglied gewählt. Wir stellen euch den “Neuen” im Vorstand im Interview vor.

MTV: Lieber Köksal, du bist beim MTV ja kein Unbekannter. Sowohl als Sportler als auch als Trainer blickst du auf eine erfolgreiche Laufbahn zurück. Als 21-maliger Deutscher Meister im Karate hast du sicher einiges erlebt. Was waren denn deine persönlichen sportlichen Highlights?

Köksal: Neben den Deutschen Meistertiteln war der Gewinn der Bronzemedaille bei der WM in Madrid etwas ganz Besonderes für mich. Ich hatte damals zum ersten Mal bei der WM teilgenommen. Ich war so aufgeregt, dass ich die ganze Nacht auf Madrider Straßen verbracht habe. Gegen morgens um 5:00 Uhr saß ich im Flur des Hotels. Der Bundestrainer kam zufälligerweise vorbei und setzte sich zu mir und unterhielt sich mit mir eine Stunde lang. Der Höhepunkt meiner Karriere war natürlich der Sieg bei den Worldgames in Duisburg. Zuhause, vor eigenem Publikum zu kämpfen, war einmalig. Nach dem Gewinn kamen so viele Menschen zum Gratulieren zu mir. Erst dann habe ich realisiert, wie wichtig der Gewinn der Medaille war.

MTV: Gemeinsam mit dem MTV Team hast du auch die Kinderkampfsportschule KiKa aufgebaut. Was verbirgt sich dahinter?

Köksal: Sehr viele Kinder und Jugendliche brauchen eine gezielte Schulung ihres Körpers. Bei meinem Studium an der Akademie in Köln lernte ich unheimlich viel über die koordinativen Fähigkeiten, die wir in jungen Jahren trainieren müssen. Ich schrieb meine Diplomarbeit über die koordinativen Fähigkeiten der Kinder im Kampfsport. Ich war mir sicher, wenn wir die Kinder vielseitig und flexibel trainieren, dass sie viel mehr Spaß am Sport haben und länger in diesen gesunden Strukturen bleiben. Das war meine primäre Motivation. Außerdem finde ich die Regeln und die Rituale des Kampfsports einzigartig. Auch hier war ich mir sicher, dass unsere Kinder in der heutigen digital geprägten Zeit Regeln und Rituale dringender denn je brauchen.

MTV: Zahlreiche Titel auf nationaler und internationaler Ebene deiner Schützlinge sprechen für sich. Verrätst du uns dein Geheimnis als erfolgreicher Trainer?

Köksal: „Erfolg ist immer planbar“ ist mein Spruch. Wir haben uns im Laufe der Jahre eine Struktur erarbeitet, modifiziert und verfestigt. Hinzu kommt der Fleiß: Unsere Athleten trainieren vor den großen Meisterschaften 5-6 Einheiten pro Woche. Zudem sind die Eltern immer bereit und investieren viel Zeit für ihre Kinder, weil wir ihnen aufzeigen, dass ihre Kinder bei uns auf jeden Fall einen erfolgreichen Weg gehen können. Natürlich spielt auch die Begabung der Athleten immer eine Rolle.
Wir sind eine Gemeinschaft und übernehmen die volle Verantwortung für unsere Athleten. Egal ob sie gewinnen oder verlieren.
Der MTV unterstützt alle Athleten, so dass sie die Meisterschaften besuchen können. Der Ruf, den wir uns aufgebaut haben, zieht potentielle Athleten an. Sie fahren teilweise bis zu 100km hin und zurück.

MTV: Vom Sportler, Trainer und Abteilungsleiter Karate Leistungssport zum Vorstandsmitglied – wie kam die Idee an einer Mitarbeit im MTV Vorstand zustande?

Köksal: Seit 1990 bin beim MTV Ludwigburg. Der MTV ist zu meinem zweiten Zuhause geworden. Ich bin mit diesem Verein sehr verbunden. Irgendwann ist man soweit, dass man auch andere Aufgaben übernehmen sollte. Als man mich vorsichtig ansprach, ob ich mir vorstellen könnte, auf einer anderen Ebene weiterhin für den MTV aktiv zu sein, überlegte ich zuerst, bevor ich zusagte. Von meinen Erfahrungen soll auch der gesamte Verein profitieren, war der ausschlaggebende Gedanke, warum ich mich bereit erklärt habe.

MTV: Was reizt dich an einer Mitarbeit im Vorstand des MTV? Gibt es Themen, die du unbedingt angehen willst?

Köksal: Wir haben in unserem Verein tolle Abteilungen, die wir in allen Bereichen fördern können. Ich bin sehr vielseitig. Ich hoffe, ich kann durch neue Impulse den Verein unterstützen, damit auch die Nachkommenden davon profitieren können. Meine Leidenschaft ist natürlich Leistungssport. Hier habe ich viele Erfahrungen gesammelt, die ich ebenso miteinbringen würde.

MTV: Natürlich interessieren sich alle auch für deine Person. Kannst du uns die wichtigsten Stationen deiner bisherigen Berufslaufbahn schildern?

Köksal: Das ist ein langer Weg, den ich gegangen bin. Nachdem ich einige Male Deutscher Meister geworden bin, war irgendwie ein Stillstand in meinem Sportlerleben. Ich wollte in meinem Leben etwas tun, was ich wollte. So begann ich ein Schauspielstudium in Stuttgart. Nach drei Jahren war ich mit dem Studium fertig und spielte Theater auf der Insel Reichenau. An Karate dachte ich nicht mehr. Es hatte mir unheimlich Spaß gemacht.
Eines Tages rief mich der damalige Bundetrainer und fragte mich, ob ich bereit wäre, wieder aktiver den Wettkampsport zu betreiben. So wurde ich für die internationalen Wettkämpfe mitgenommen. Ich war erfolgreich. Man baute im deutschen Karateverband voll und ganz auf mich. Danach machte ich einige Jahre nur Leistungssport. In der Zeit war ich auch Bundestalentkadertrainer und verdiente mit Training geben mein Geld. Nach diesen Jahren war alles etwas einseitig. Ich wollte an die Trainerakademie nach Köln, um mein Diplom zu machen, damit ich als Bundestrainer arbeiten kann. Zunächst kam ich nicht rein. Zur gleichen Zeit unterrichtete ich Selbstbehauptungseinheiten an mehreren Schulen in Ludwigsburg. Eine Rektorin überzeugte mich, Lehramt zu studieren. Daraufhin bewarb ich mich an der PH Ludwigsburg und begann mein Lehramtsstudium mit den Fächern Mathematik, Sport und Technik. Einige Wochen nach dem Beginn meines Lehramtsstudium bekam ich dann doch die Zusage aus Köln.
Ich studierte also in Köln an der Trainerakademie und an der PH Ludwigsburg gleichzeitig. Beide Studien schloss ich erfolgreich ab. Der Lehrberuf gefiel mir so, dass ich mich schließlich für diesen Weg entschieden habe.

MTV: Bleibt da überhaupt noch „Freizeit“ außerhalb der Schule und dem Karate?

Köksal: Wenig. Wer diesen Weg geht, muss seine „freie“ Zeit gut aufteilen können. Außerdem habe ich eine tolle Familie, die mich dabei voll und ganz unterstützt.

MTV: Lass uns zum Abschluss noch einen kleinen Blick in die Zukunft wagen: Wo siehst du dich und den MTV in 20 Jahren:

Köksal: In 20 Jahren!!! Ich weiß es leider nicht. Das Leben ist voller Überraschungen. Ich genieße einfach jeden Tag mit allen wunderbaren Menschen.

MTV: Vielen Dank, Köksal, dass du dir die Zeit für uns genommen hast. Wir freuen uns auf sportliche und ereignisreiche Jahre mit dir!